Es sollte ein schöner Ausflug werden
Kriminalgeschichte von Thomas Berscheid
Schröder ist Opfer. Er ist Buchhalter in einer Versicherung. In einer Abteilung, die sie die Resterampe nennen. Seine Rolle: Die Mitarbeiter daran hindern, ihre Spesen zu verballern. Also hassen sie ihn. Kippen ihm Kaffee in den Rechner und werfen sein Handy ins Wasser. Sie haben Erfolg. Schröder wagt es nicht mehr sich zu wehren.
Er fährt nach Hause. Eine Frau schneidet ihm auf der Inneren Kanalstraße in Köln den Weg ab. Von einer Sekunde auf die andere ändert sich Schröders Leben. Er rammt die Frau aus dem Weg. Und kommt selbst vom Weg ab. Am Rheinufer beginnt für ihn ein neues Leben.
Allerdings: Die schöne neue Welt des Buchhalters Schröder währt nicht lange. Sein Handy fällt aus der Jacke. Das wäre kein Problem, wenn er nicht gerade auf einer dieser Buhnen mitten im Rhein stünde, die den Strom in Schach halten. Schröder findet sein Handy. Fast. Was er zu verlieren droht ist jedoch sein Leben. Denn er fällt in den Rhein. Sein Anzug saugt sich voll mit Wasser.
Überlebt Schröder? Oder eilt ihm jemand zu Hilfe? Mehr in dieser Kriminalgeschichte von Thomas Berscheid.
- Autor:
- Thomas Berscheid
- Preis:
- 0,99 € inkl. Mehrwertsteuer
- Anzahl Seiten:
- 20
- Genre:
- Kriminalgeschichte
- Erscheinungsdatum:
- 14. Oktober 2024
- Typ:
- E-Book
- ISBN 13:
- 9783759258816
Nur kurz war Schröder austreten. Zwei, vielleicht drei Minuten, die er nicht am Arbeitsplatz verbracht hatte. Wenige Minuten, in denen niemand von den Kollegen aufgestanden war und vielleicht den Versuch hätte unternehmen können, die Blumen zu gießen.
Doch für das Gießen der Tastatur hatte es ausgereicht. Wie gestern, wie vorgestern, wie jeden Tag der vergangenen Woche hatte ein Kollege den Kaffeebecher von Schröder genommen, dessen Inhalt auf die Tastatur seines Laptops gegossen und den Becher wieder auf den Schreibtisch zurück gestellt. Nun, da Schröder von der Toilette kam, sah er wieder den blauen Bildschirm eines Systemabsturzes vor sich. Er wusste, dass es keinen Sinn hatte, irgendeinen der Kollegen zu fragen, wer das war oder ob man irgendetwas gesehen hatte. Das hatte Schröder alles schon versucht. Natürlich hatte niemand etwas gesehen. Resigniert setzte Schröder sich an den Schreibtisch. Er zog die Schublade seines abgeschlagenen Schubladenkastens auf und nahm eine Rolle Küchenpapier heraus, begann damit, die Tastatur abzutupfen.
Steinbach knallte einen Stapel Aktenordner auf Schröders Schreibtisch.
„Das muss bis heute Abend im System sein“, herrschte der Abteilungsleiter seinen Buchhalter an.
„Das wird nicht gehen“, gab Schröder zurück, ohne den Blick von der schwimmenden Tastatur seines Laptops zu nehmen.
„Was soll das heißen?“ fragte Steinbach. „Das geht nicht?“
Steinbach baute sich breitbeinig vor Schröder auf, die Fäuste in die Hüften seines maßgeschneiderten Anzugs gestemmt.
„Das sehen Sie ja“, sprach Schröder ruhig. „Der Rechner ist wieder platt.“
„Dann rufen Sie bei der IT an und sorgen sie gefälligst dafür, dass Ihr Rechner wieder läuft!“ bellte Steinbach, dass es auch die anderen Kollegen den Flur herunter deutlich hören konnten. „Wenn Sie so unfähig sich, dauernd Ihren Rechner schuldhaft zu beschädigen, dann werden Sie die Stunden nacharbeiten, bis Sie fertig sind!“
Steinbach drehte sich um. Schröder seufzte. Er spürte den Blick der beiden Kollegen, die durch den offenen Spalt seiner Bürotür blickten und ein Lachen nur mühsam unterdrücken konnten.
Es war nun endgültig dunkel geworden. Schröder stand auf, klopfte sich Staub von den Oberschenkeln seiner Anzugshose aus dem preiswerten Kaufhaus. Er zog den Mantel ein Stück enger. Die Innentasche hatte er offen gelassen. Sein Handy nutzte den Spalt aus und fiel aus der Tasche, purzelte über ein paar Steine und blieb dann zwischen den Basaltblöcken liegen, nur ein paar Zentimeter oberhalb der Wasserlinie.
Schröder stieß ein Fluchwort aus, kroch auf den Steinen nach unten, in der Hocke, einen Fuß vor den andern setzend. Die Dunkelheit tat ihr übriges, ihm das Leben schwer zu machen. Irgendwo in einer der dunklen Spalten unter ihm lag sein Handy. Er verkeilte einen seiner Schuhe zwischen zwei Steinen, streckte den rechten Arm nach unten aus und tastete sich durch eine Spalte.
Zwischen den Steinen hatten sich bei Hochwasser nicht nur Reste von Müll abgesetzt, auch kleine Steine fanden dies einen schönen Platz, um sich niederzulassen. Schröder verlagerte sein Gewicht auf den linken Schuh. Dem dort liegenden Kiesel behagte dies gar nicht. Aus Protest über den Druck rollte der Kiesel beiseite. Schröders linker Schuh verlor den Kontakt zu den Steinen. Schröder selbst ruderte ein paar Sekunden mit den Armen hilflos in der Luft herum, stieß einen Laut des Erschreckens aus und fiel dann schwungvoll ins Wasser.
Die Strömung des Rheins wollte Schröder sofort in die Mitte des Flussbettes ziehen, dort, wo die Schrauben der Schiffe weiche Gegenstände wie Menschen in handliche Pakete zerhackten. Schröder war kein Sportler, schon gar kein durchtrainierter Schwimmer, und auch seine Kleidung war zwar für die Arbeit im Büro recht geeignet, nicht jedoch für einen Aufenthalt an der Wasseroberfläche. Begierig saugten sich der Stoff der Hose, des Hemds, der Unterwäsche und des Mantels voll mit dem Wasser des Rheins. Schröder verlor trotz heftiger Ruderbewegungen seiner Arme mehr und mehr an Auftrieb und wurde unter Wasser gezogen.